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Rechtsprechung Medizinrecht

Recht­sprechung - Medizinrecht

Kanzlei Dr. Weimer

MEDIZINRECHT AKTUELL 2024

Medizinprodukteberater im OP!

Das OLG Saarland (Aktenzeichen:1 U 100/22 ) urteilte, dass eine Aufklärung über die Anwesenheit eines Medizinproduktberaters während der Operation nach § 630e BGB nicht erforderlich ist, da es sich nicht um einen für die Einwilligung wesentlichen Umstand handelt. Denn der Medizinproduktberater sei in die Heilbehandlung nicht involviert, sondern ihm kommt aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis (vgl. § 31 MPG) quasi als „lebende Gebrauchsanweisung“ lediglich eine das medizinische, insbesondere das die Instrumente anreichende OP-Personal im Hinblick auf die effektive und sichere Handhabung unterstützende Funktion zu. Jedenfalls umfasse die Patienteneinwilligung in der Regel auch die Hinzuziehung interner und externer Hilfspersonen, die für die sichere und effektive Durchführung des Eingriffs für erforderlich gehalten werden. Die Frage, ob aus datenschutz- oder standesrechtlichen Gründen eine Information des Patienten zu erfolgen habe, ließ das OLG ausdrücklich offen, da diese Frage den Schutzzweck der Norm (§ 630e BGB) nicht betreffe.

MEDIZINRECHT AKTUELL 2024

Zielvereinbarung dem Chefarzt zu spät vorgelegt – Schadensersatzanspruch auf Bonus

Legt der Arbeitgeber dem Chefarzt nicht rechtzeitig ein Angebot zum Abschluss einer Zielvereinbarung vor, wird dadurch eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht verletzt. Die versäumte Erstellung einer Zielvereinbarung mit klaren und transparenten Vorgaben und Angaben zu den Zahlungs- und Abrechnungsmodalitäten stellt dann eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 S.1 BGB dar. Der Bonus ist als Schadenersatz vollständig auszuzahlen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Chefarzt vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hat der Arbeitgeber darzutun und gegebenenfalls zu beweisen.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.07.2023 – 2 Sa 150/22

MEDIZINRECHT AKTUELL 2022

Geltung der Nachrang Regelung für Krankenhaus (Investoren) geführte MVZ

Das LSG urteilte, dass die in § 103 Abs. 4c Satz 3 SGB V geregelte Nachrangigkeit von Krankenhaus-MVZ nur eingreifen kann, wenn unter gleichwertigen Bewerbern zwischen einem freiberuflichen Bewerber und einem mehrheitlich von Kapitalinvestoren geführten MVZ eine Auswahlentscheidung zu treffen ist. Andernfalls könnte sich ein MVZ, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Vertragsärzten liegt, nicht neben anderen freiberuflichen Ärzten oder MVZ bewerben, weil es von vornherein – unabhängig von Erfahrung und Qualifikation des jeweiligen Bewerbers – aus der Auswahlentscheidung herausfallen würde.

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Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er dies im Hinblick auf die weitreichende Konsequenz als Berufsausübungsregelung nach Art. 12 GG explizit regeln müssen. „Nachrangig berücksichtigen“ bedeutet gerade keine Einschränkung des Auswahlermessens der Zulassungsgremien insoweit, als die von § 103 Abs. 4c Satz 3 SGB V erfassten MVZ von vornherein nicht in die Auswahlentscheidung mit einbezogen werden dürfen. Das Gesetz sieht keinen grundsätzlichen Ausschluss von nicht-vertragsärztlich geführten MVZ vor, sondern stellt die Nachrangigkeit nur als ein Kriterium unter den gleichrangig zu wertenden Auswahlkriterien, nicht aber eine Ausschlussregelung, dar.  

LSG Bayern, Urteil v. 14.09.2022 – L 12 KA 35/21 RID 23-01-25

Hinweis: Die Revision ist beim BSG anhängig unter dem Aktenzeichen B 6 KA 26/22 R.

MEDIZINRECHT AKTUELL 2022

Ärzte dürfen weiterhin Gesellschafter der MVZ Trägergesellschaft und gleichzeitig Angestellte sein!

Auf das BSG Urteil vom 26.1.22 – B 6 KA 2/21 R warteten wir alle fast 5 Monate! Und jetzt das: Auf 28 Seiten beschäftigt sich das BSG mit der Frage der Abgrenzung Vertragsarzt / Angestelltenstelle, Dienstvertrag, Arbeitsvertrag, Sozialversicherungsrecht und Rechtshistorie rund um Polikliniken und MVZ. Lehrreich rechthistorisch zweifellos. Nebenbei stellt der 6. Senat Missverständnisse aus früheren Entscheidungen richtig.

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In der eigentlichen Sache aber subsumiert es klar und eindeutig auf genau zwei Seiten (S. 23 unter lit b) bis S. 25 unten) letztlich zur Abgrenzung eines freiberuflichen Arztes und eines angestellten Arzte lediglich unter die altbekannten Voraussetzungen des § 7Abs. 1 S.1 SGB IV. Die vorherigen Seiten hätte es schlicht nicht gebraucht. Konsequenz: Ein Arzt kann gleichzeitig Gesellschafter einer MVZ Trägergesellschaft sein und Angestellter, also zugunsten einer Anstellung auf seine Zulassung verzichten (§ 103 Abs. 4a S. 1 SGB V) und der ZA muss ihm die Anstellungsgenehmigung erteilen, wenn er die Kriterien des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB V an ein Anstellungsverhältnis erfüllt. Um mehr geht es nicht. Viel Aufregung um schlicht nichts!

 

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MEDIZINRECHT AKTUELL 2022

Operationen durch Nichtarzt

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Das LSG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob einer Krankenkasse ein Erstattungsanspruch in Höhe der gesamten gezahlten Krankenhausvergütung gegen das Krankenhaus zu steht, wenn der operative Teil der vergüteten stationären Behandlung von einem Operateur erbracht wurde, welcher sich die Approbation als Arzt – ohne Kenntnis des Krankenhauses – mittels einer gefälschten Urkunde rechtswidrig erschlichen hat.

 

Grundsätzlich gilt, dass für Leistungen, die unter Verstoß gegen das Leistungserbringungsrecht der GKV bewirkt wurden, dem Krankenhausträger kein Zahlungsanspruch auf Grundlage des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu steht. Dies gilt auch, selbst wenn die Leistung im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich ist. Hier schuldete die Klinik aus dem Behandlungsvertrag die Behandlung durch einen Arzt. Die beklagte Klinik verletzte ihre Vertragspflicht, indem sie dieser Hauptverpflichtung nicht nachgekommen ist, sondern vielmehr strafbare Körperverletzungen vornehmen ließ, so das LSG. Der Klinik sei das schuldhafte Handeln des nicht-ärztlichen Operateurs gemäß § 278 S. 1 BGB zuzurechnen. Ohne Bedeutung sei insoweit auch, dass auch sie getäuscht worden sei. Eine Exkulpationsmöglichkeit sehe § 278 S. 1 BGB gerade nicht vor.

Auch dieses Urteil ist ein Beispiel, wie wichtig eine ordnungsgemäße Organisation im Sinne eines funktionierenden Compliance-Managements im Klinikalltag ist. Der Vorlagepflicht von Originalurkunden in einem so hochsensiblen Bereich wie der ärztlichen Qualifikation, muss Geltung verschafft und die jeweilige Urkunde mit Sorgfalt geprüft werden. Insbesondere aufkeimenden Zweifeln an der Qualifikation sind zwingend nachzugehen. Anderenfalls besteht nicht nur kein Vergütungsanspruch, sondern die leitenden Mitarbeiter laufen Gefahr, im Rahmen des Organisationsverschuldens strafrechtlich sowie zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.12.2020 – L 16 KR 128/18; Revision anhängig: B 1 KR 26/21 R

MEDIZINRECHT AKTUELL 2022

Telemedizin und Organisations- und Koordinationspflicht

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Ein Krankenhaus muss bekanntlich über die ärztlichen und pflegerischen Standards verfügen, um die ordnungsgemäße Versorgung des Patienten sicherzustellen. Das bedeutet für den Krankenhausträger als auch für die leitenden Ärzte die Verpflichtung, eine Qualitätssicherung durch geeignete organisatorische Maßnahmen zu erreichen. Im Falle einer Schlaganfallbehandlung durch eine internistische Abteilung unter telemedizinischer Hinzuziehung von Neurologen und/oder Radiologen genügen die Beteiligten ihrer Organisations- und Koordinationspflicht nur durch detaillierte Regelungen, wer für was zuständig ist. Hier bieten sich beispielsweise SOP (Standard-Operating-Procedure) an. Die bloße Vereinbarung, leitlinienkonform behandeln zu wollen, genügt nach einem Urteil des LG München II (Urteil v. 10.05.2022 – 1 O 4395/20) gerade nicht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Schlaganfallbehandlung für alle Beteiligten komplex ist. Wenn ein kleines Krankenhaus Schlaganfallpatienten versorgt / versorgen will, ist eine engmaschigste Vernetzung erforderlich. Es muss sichergestellt sein, dass die gebotenen Diagnose- und Behandlungsschritte im Falle der notfallmäßigen Versorgung eines Schlaganfallpatienten mit der gebotenen Schnelligkeit erfolgt; anderenfalls laufen die Beteiligten Gefahr, wegen Organisationsverschuldens zivil- wie strafrechtlich in Verantwortung genommen zu werden. Ein entsprechendes Qualitätsmanagement an der Schnittstelle zum Compliance-Management ist damit dringend anzuraten. Qualität kann, wie auch Compliance-Management, nur aus dem Schattendasein einer Parallelorganisation herauswachsen, wenn das Unternehmen diesen Willen umsetzt und im Tagesgeschäft auch lebt. Ein wirksames Compliance Management erwartet dabei einen aktiven Umgang mit Fehlern, eine Kommunikationsbereitschaft und Neugierde an Veränderungen.

MEDIZINRECHT AKTUELL 2020

Unzumutbarkeit der Nachbesserung bei fehlerhaftem Zahnersatz

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Das Recht des Zahnarztes auf Nachbesserung bei fehlerhafter Eingliederung von Zahnersatz entfällt, sofern die zahnärztliche Leistung völlig unbrauchbar ist, entschied das OLG Dresden.

 

Der Patient ist auch bei fehlerhafter zahnärztlicher Versorgung grundsätzlich verpflichtet, nachträgliche Korrekturen an der Arbeit des Zahnarztes zu dulden, bevor Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend gemacht werden können. Bei dem zugrunde liegenden Behandlungsvertrag handelt es sich grundsätzlich um einen Dienstvertrag, aus dem der Zahnarzt regelmäßig nur die sachgerechte Behandlung schuldet. Gerade bei der Anfertigung von Zahnprothesen schuldet der Zahnarzt jedoch den Erfolg in Gestalt des Zahnersatzes. Insoweit findet das Gewährleistungsrecht der Werkverträge Anwendung, sodass dem Zahnarzt ein Recht zur zweiten Andienung zusteht. Eine sofortige Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen kann lediglich dann in Betracht kommen, wenn der Zahnarzt die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hat, die Nachbesserung den bereits eingetreten Schaden nicht zu revidieren vermag, das Behandlungsverhältnis bereits beendet ist oder eine Nachbesserung durch den Zahnarzt für den Patienten unzumutbar ist. Ob eine Nachbesserung für den Patienten unzumutbar ist, muss im Wege einer Gesamtabwägung aller Umstände ermittelt werden. Eine Unzumutbarkeit kann sich aber namentlich aus der Unbrauchbarkeit der bisherigen zahnärztlichen Leistung ergeben, insbesondere wenn ein Risiko dauerhafter Entzündungen besteht. In derartigen Fällen kann es dem Patienten regelmäßig nicht zugemutet werden, ein solches Entzündungsrisiko jahrelang hinzunehmen.

OLG Dresden, Urt. v. 14.01.2020 – 4 U 1562/19

Praxishinweis: Weigert sich der Patient nach der Eingliederung von Zahnersatz zumutbare Nachbesserungsversuche hinzunehmen, scheiden Ansprüche des Patienten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus. Dies gilt bei umfangreicher prothetischer Versorgung auch bei Neuanfertigung einer Prothese.

MEDIZINRECHT AKTUELL 2020

Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe verfassungswidrig

Soeben hat das BVerfG das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe in § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt.

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Der Suizid als Akt autonomer Selbstbestimmung erfahre seinen grundrechtlichen Schutz in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG.
Daraus leite sich zudem ein Schutz des Suizid-Assistenten ab, der ebenfalls nicht strafrechtlich belangt werden könne.
Das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe sei unverhältnismäßig, da es einen Verlust der Autonomie darstellen würde, wenn Autonomie lediglich theoretisch bestünde.
Im Bereich der Suizidhilfe wäre der Patient auf die Hilfe eines Arztes angewiesen, die aber in der Praxis wenig individuelle Bereitschaft zur Suizidhilfe an den Tag legen. Dazu seien sie aber auch nicht verpflichtet. Denn es bestünde kein Anspruch gegen Dritte auf Suizidhilfe.

MEDIZINRECHT AKTUELL 2019

Gröbliche Pflichtverletzung

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Unrichtige Abrechnung/Strafverfahren/Hygienemängel

 

Das LSG Bayern hatte einen Fall der Zulassungsentziehung aufgrund gröblicher Pflichtverletzung zu entscheiden. Wichtig ist, dass auch MVZ die Zulassung entzogen werden kann. Die Rechtsprechung ist damit auch auf Krankenhaus-MVZ übertragbar.

Eine Entziehung der Zulassung kann auf drei voneinander unabhängigen – jeder für sich allein die Zulassungsentziehung rechtfertigenden – Komplexen beruhen. Zum einen auf dem Umstand einer unrichtigen Abrechnung über viele Quartale hinweg, des Weiteren auf eine Reihe von Strafanzeigen, Ermittlungsverfahren und Strafverfahren im Zusammenhang mit der operativen Tätigkeit, insb. dem Vorwurf des Operierens ohne Assistenz, sowie auf Hygienemängeln im Rahmen der operativen Tätigkeit.

LSG Bayern, Urteil v. 28.11.2018 – L 12

Hinweis des Autors: Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung wegen gröblicher Verletzung kassenärztlicher Pflichten ist nicht deshalb unzulässig, weil dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen der KV waren. Bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte können bei der Frage des Vorliegens einer gröblichen Pflichtverletzung berücksichtigt werden (vgl. BSG vom 02.04.2014 – B 6 KA 58/13 B). Grundsätzlich gilt dies auch für staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Ermittlungsergebnisse, auch wenn insoweit die Rechtskraft noch nicht eingetreten ist (so auch Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 20. November 2017 – L 11 KA 807/16). Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BSG anhängig: B 6 KA 10/19 B

Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A, Fachanwalt für Medizinrecht, c/o WEIMER – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Hingbergstr. 377, 45472 Mülheim an der Ruhr; www.kanzlei-weimer.de; weimer@kanzlei-weimer.de

MEDIZINRECHT AKTUELL 2019

Kein Vergütungsanspruch bei Verletzung von Qualitätssicherung

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Kein Vergütungsanspruch bei Verletzung von Qualitätssicherungs-Richtlinie

 

Das Bundessozialgericht urteilte bereits im Jahre 2014, dass ein Krankenhaus keinen Anspruch auf Vergütung erbrachter Leistungen hat, soweit Qualitätssicherungsrichtlinien nicht eingehalten werden. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen ging das Bundessozialgericht davon aus, dass nicht nur ein Abschlag auf die Fallpauschale, sondern ein vollständiger Ausfall der Fallpauschale zu erfolgen hat.

BSG, Urt. v. 01.07.2014 – B 1 KR 15/13

Beraterhinweis: Eine Arbeitsgruppe der Universität Witten/Herdecke hatte bereits vor Jahren die jährlichen Qualitätsberichte von Kliniken ausgewertet und festgestellt, dass die Vorgaben zu Mindestmengen in den Qualitätssicherungs-Richtlinien von Kliniken nicht allzu ernst genommen werden. Angesichts der Rechtsprechung des BSG sollte diese Sicht der Dinge überdacht werden. Es steht nämlich der Vorwurf des Abrechnungsbetrugs im Raum, wenn gerade und insbesondere bei den nachträglichen Budgetverhandlungen für erbrachte stationäre Leistungen die Erfüllung der Strukturvorgaben des GBA schlicht behauptet werden. Es sollte also, wenn die Klinikleitung die Auffassung vertritt, dass die Qualitätsvorgaben des GBA nicht sachgerecht und angemessen sind, diese direkt mit der sozialgerichtlichen Klage angegriffen werden. Anderenfalls läuft die Klinikleitung persönlich Gefahr, Adressat von Ermittlungsverfahren zu werden, sollten die Krankenkassen tatsächlich mal die behauptete Einhaltung der Qualitätssicherungs-Richtlinien durch Vorlage von Unterlagen nachprüfen.

Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A, Fachanwalt für Medizinrecht, c/o WEIMER – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Hingbergstr. 377, 45472 Mülheim an der Ruhr; www.kanzlei-weimer.de; weimer@kanzlei-weimer.de

MEDIZINRECHT AKTUELL 2019

Erforderlicher Beschäftigungsumfang für Ermächtigung

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Erforderlicher Beschäftigungsumfang für Ermächtigung

 

Das Bundessozialgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, ob und wie eine Ermächtigung im Krankenhaus mit einer Teilzeitstelle im Krankenhaus im Einklang zu bringen ist. Im Rahmen eines Beschlusses über eine Nichtzulassungsbeschwerde erachtet das BSG eine hauptberufliche Tätigkeit für zwingend.
Auf der Grundlage des § 116 SGB V können nur Ärzte ermächtigt werden, die hauptberuflich in einem Krankenhaus bzw. einer der anderen dort genannten Einrichtungen beschäftigt sind; dazu ist keine Vollzeitbeschäftigung erforderlich. Der Beschäftigungsumfang muss aber so ausgestaltet sein, dass er die ärztliche Berufstätigkeit des Arztes prägt und darf – ausgedrückt in Stunden der regelmäßigen vertragsgemäßen Beschäftigung – die Hälfte des insoweit für einen vollzeitbeschäftigten Arzt maßgeblichen Volumens nicht unterschreiten
BSG, Beschluss v. 03.04.2019 – B 6 KA 44/18 B

Hinweis des Autors: Danach bedeutete hauptberuflich nicht zwingend Vollzeit. Eine Reduzierung der hauptberuflichen Arbeitsstunden im Krankenhaus -aus welchen Gründen auch immer – steht also einer Ermächtigung nicht entgegen.

Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A, Fachanwalt für Medizinrecht, c/o WEIMER – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Hingbergstr. 377, 45472 Mülheim an der Ruhr; www.kanzlei-weimer.de; weimer@kanzlei-weimer.de

MEDIZINRECHT AKTUELL 02/2016

Hygienemanagement & Beweislast

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Der BGH beschäftigt sich seit vielen Jahren in regelmäßigen Abständen mit den Fragen rund um die Sterbehilfe. Die Abgrenzung von Tötung auf Verlangen und strafloser Beihilfe war seit dem BGH, Urteil v. 14.8.1963, 2 StR 181/63 eher naturalistisch vorgenommen worden. Davon weicht der BGH nun ab und spricht die Angeklagte frei, nachdem das Landgericht sie noch wegen Tötung auf Verlangen verurteilt hatte. Sie hatte dem Sterbewilligen alle verfügbaren Medikamente (ca. zehn Tabletten Hydromorphon 25 mg akut und 15 Diazepamtabletten) sowie eine 50-ml-Flasche Prothazin in einem Wasserglas übergeben und ihm anschließend sechs schnell wirkende Insulinspritzen mit jeweils 100 Einheiten verabreicht. Der BGH hob die Verurteilung der Angeklagten auf und sprach sie frei.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid eine normative Betrachtung erfordert. Solange nach Vollzug des Tatbeitrags dem Sterbewilligen die volle Freiheit verbleibt, sich den Auswirkungen zu entziehen oder sie zu beenden, liegt nur Beihilfe zur Selbsttötung vor, so der BGH. Dabei sei der Gesamtplan entscheidend. Insoweit legt der BGH § 216 StGB in parallele zu § 217 StGB verfassungskonform dahingehend aus, wonach diejenigen Fälle vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen werden müssen, in denen es einer sterbewilligen Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung selbst umzusetzen. Letztlich führe der ohne Wissens- und Verantwortungsdefizit gefasste und erklärte Sterbewille zur situationsbezogenen Suspendierung der Einstandspflicht für das Leben des Ehegatten.

Die Suspendierung der Garantenstellung wird man in derartigen Fällen auch auf die im Gesundheitswesen tätigen Pflegekräfte und Ärzte diskutieren und je Einzelfallsituation bejahen oder verneinen dürfen.

BGH, Beschl. V. 28.06.2022 – 6 StR 68/21

MEDIZINRECHT AKTUELL 02/2016

Wer trägt die Verantwortung für die Abrechnung der BAG-Abrechung?

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Das Bundessozialgericht beschloss, dass die grundsätzliche Verantwortlichkeit des einzelnen Arztes für die Richtigkeit seiner Abrechnungen auch dann nicht entfällt, wenn die Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft die Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen auf eines ihrer Mitglieder übertragen haben. Zwar ist die Gemeinschaftspraxis bzw. BAG durch die gemeinschaftliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit geprägt und stellt rechtlich eine Praxis dar. Dies ändert jedoch nichts am individuellen Pflichtenkreis ihrer einzelnen Mitglieder, so das BSG.

 

Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2016 – B 6 KA 14/16 B

Beraterhinweis: Auch die ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften müssen Ihre gemeinsame Berufsausübung ordnungsgemäß organisieren. Die bloße Übertragung einzelner Aufgaben untereinander genügt dazu gerade nicht. Vielmehr haben die BAG-Partner durch geeignete (Überprüfungs-)Maßnahmen sicherzustellen, dass sie ihrer eigenen Verantwortung für eine korrekte Abrechnung weiterhin gerecht werden. Dies nicht zuletzt auch, um strafrechtliche Risiken („Abrechnungsbetrug“) zu vermieden.

MEDIZINRECHT AKTUELL 02/2016

Fortgeltung als „Aufbaupraxis“ bei BAG-Gründung

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Soll durch die Aufnahme eines jungen Partners eine BAG „verjüngt“ und so die Eigenschaft als Aufbaupraxis länger als fünf Jahre – oder gar durch regelmäßige Neueintritte junger Partner fortwährend – erhalten werden, ist dies nach Ansicht des BSG (Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 44/12 R) unzulässig. Dagegen sollen nach Ansicht des SG München Rechte des Eintretenden aus der Eigenschaft seiner bisherigen Einzelpraxis als Aufbaupraxis dann weiter wirken könnten, wenn er sich erst mit einem anderen zur BAG zusammenschließt und die BAG zur Entstehung bringt. In diesem Fall wirkt die Aufbaupraxis weiter. Dies gilt auch für die Einbringung eines Vertragsarztsitzes in ein MVZ, wenn kein weiterer Arzt dort im gleichen Fachgebiet tätig ist.

Sozialgericht Marburg, Urteil vom 26.10.2016 – S 12 KA 59/15

MEDIZINRECHT AKTUELL 01/2016

Absicht zur 3 Jahre Angestelltentätigkeit im MVZ zwingend

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Die Nachbesetzung einer Angestelltenstelle in einem MVZ kann nur dann und nur insoweit erfolgen, wie der Vertragsarzt tatsächlich als angestellter Arzt im MVZ tätig geworden ist. Damit wird verhindert, dass die Entscheidungen, die die Zulassungsgremien bei der Nachbesetzung im Falle der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit zu treffen haben, umgangen werden. In der Praxis war oftmals von einem Arzt zunächst erklärt worden, auf seine Zulassung zu verzichten, „um in einem MVZ tätig zu werden“. Tatsächlich trat er die Tätigkeit dort aber nicht an, um dem MVZ sogleich die „Nachbesetzung“ durch einen selbst gewählten Angestellten zu ermöglichen. Dieser Vorgehensweise schiebt das Bundessozialgericht nunmehr einen Riegel vor. Zukünftig wird sich die zu fordernde Absicht des (ehemaligen) Vertragsarztes, im MVZ tätig zu werden, grundsätzlich auf eine Tätigkeitsdauer im MVZ von drei Jahren beziehen müssen, wobei die schrittweise Reduzierung des Tätigkeitsumfangs um ¼ Stelle in Abständen von einem Jahr unschädlich sein soll.

 

BSG, Urt. v. 04.05.2016 – B 6 KA 21/15 R
Beraterhinweis: Bereits bestandskräftig erteilte Anstellungsgenehmigungen bleiben davon unberührt und können auch Grundlage einer späteren Stellennachbesetzung werden. Wenn ein Vertragsarzt, der auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden, seine Tätigkeit im MVZ allerdings von Anfang an nur im Umfang einer ¾ Stelle antritt, dann kann auch nur diese ¾ Stelle nachbesetzt werden.

MEDIZINRECHT AKTUELL 01/2016

Strahlentherapeutische Leistungen fachfremd für Facharzt für diagnostische Radiologie

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Das BSG urteilte, dass strahlentherapeutische Leistungen für einen Facharzt für Diagnostische Radiologie fachfremd sind. Daran ändere auch § 9 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Strahlendiagnostik und -therapie nichts, der eine einschlägige Facharztweiterbildung vorsieht.

 

BSG, Urt. v. 04.05.2016 – B 6 KA 13/15 R
Beraterhinweis: Das Urteil überzeugt nicht. Es klärt den Widerspruch zwischen der landesrechtlichen Weiterbildung und den bundesrechtlichen Qualitätssicherungsvorgaben nach § 135 Abs. 2 SGB V gerade nicht auf. Es wird mit der Verfassungsbeschwerde seine Überprüfung finden.

MEDIZINRECHT AKTUELL 01/2016

¾ MVZ-Arztstellen sind nicht mehr unbegrenzt offen zu halten

AKTUELLES AUS DER RECHTSPRECHUNG

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Das Bundessozialgericht ändert seine Rechtsprechung in bezug auf ¾ Arztstellen in einem MZV. Danach sind Viertel‑Arztstellen in einem MVZ zukünftig nicht mehr unbegrenzt offen bzw. unbesetzt zu halten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, so das BSG, dass durch größere MVZ oder durch die Kumulation von Viertelstellen mehrerer MVZ Beschäftigungskontingente doch in einem für die Entsperrung eines Planungsbereichs relevanten Umfang „gebunkert“ würden.

 

BSG, Urt. v. 04.05.2016 – B 6 KA 28/15 R
Beraterhinweis: Konsequenz ist, dass ein MVZ sein Nachbesetzungsrecht verliert, wenn es über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr überhaupt keine ernsthaften und aussichtsreichen Bemühungen zur Nachbesetzung einer Viertel-Stelle unternimmt und nicht belegen kann, dass und weshalb trotz des Ablaufs eines Jahres zeitnah noch mit einer Nachbesetzung mit diesem Beschäftigungsumfang gerechnet werden kann.

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