Medizinproduktehersteller werden von medizinischen Einrichtungen häufig gebeten, das medizinische Personal während chirurgischer oder anderer medizinischer Behandlungen durch einen Medizinprodukteberater (MPB) als Vertreter des Unternehmens, im richtigen Umgang mit den Medizinprodukten des Unternehmens zu unterstützen.
Fest steht dabei, dass die Tätigkeit des MPB zur Gewährleistung der Patientensicherheit, der Medizinprodukte-Sicherheit von Nutzen ist, letztlich zweckdienlich ist.
Gleichwohl flammt seit nahezu 20 Jahren immer wieder die Frage auf, ob die Anwesenheit von MPB z.B. im OP überhaupt zulässig ist. Datenschutz-, versicherungs-, haftungsrechtliche und nicht zuletzt strafrechtlich Risiken werden beschrieben. So wird unter Juristen diskutiert, ob die Aufklärung des Patienten über die Anwesenheit nicht dem Grundsatz des sog. informed consent nach § 630e BGB im Rahmen der Aufklärung unterliegt, ob im Falle dessen Anwesenheit ein „Geheimnis im Sinne des § 203 StGB („Schweigepflicht“) offenbart wird oder gar ein datenschutzrechtliches Problem bestehen könnte.
Tatsache ist, dass das Interesse an einer optimalen, komplikationslosen Behandlung des Patienten durch den sicheren und effizienten Einsatz von Medizinprodukten für die Einrichtung, den Behandler als auch den Hersteller von Medizinprodukten von wesentlicher Bedeutung und Motivation ist. Vor allem aber die effiziente und hochwertige Mitwirkung des MPB an der Risikoanalyse im Rahmen des Qualitäts- und Risikomanagements in der Einrichtung lässt die Anwesenheit des MPB durchaus sinnvoll erscheinen. Besteht doch die Aufgabe und der Status eines MPB in der Information der Fachkreise, Einweisung in die sachgerechte Handhabung von Medizinprodukten und der Teilnahme an der Risikoanalyse im Hinblick auf Nebenwirkungen, Fehlfunktionen, wechselseitige Beeinflussungen, technische Mängel, Gegenanzeigen etc. Keine Aufgabe eines MPB ist die auch nur gelegentliche Unterstützung des Kunden durch Übernahme der OP bzw. der OP-Assistenz, der Durchführung einer Folge-Einweisung in die Handhabung des Medizinprodukts am Patienten etc.
Umso überraschender ist, dass das eigentlich Berufsrecht der handelnden Ärzte oftmals nicht beachtet wird, obwohl es bei dieser Frage die entscheidende compliance-rechtliche Antwort liefert. Frei nach dem alten Rechtsgrundsatz: „Ein Blick in das Gesetz, erleichtert die Rechtsfindung.“ Stellt doch das Gesetz den Standard auf, den es im Rahmen des Compliance-Managements zu beachten gilt.
Nach § 7 Abs. 5 Musterberufsordnung-Ä dürfen MPB („andere Personen“) bei der Untersuchung und Behandlung anwesend sein, wenn der verantwortliche Arzt und der Patient zustimmen. Und weiter: Gemäß § 9 Abs. 4 MBO-Ä sind Ärzte zur Offenbarung von Informationen über ihre Patienten gegenüber MPB („Mitarbeitern von Dienstleistungsunternehmen“) befugt, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der mitwirkenden Personen erforderlich ist. Dabei haben die Ärzte dafür zu sorgen, dass die MPB („mitwirkenden Personen“) schriftlich zur Geheimhaltung verpflichtet werden.
Wird dieser rechtliche Rahmen durch die Organisationseinheit Krankenhaus sinnvoll im Rahmen des Compliance-Managements unterstützt, sind straf-, haftungs-, versicherungsrechtliche wie datenschutzrechtliche Risiken schlicht ausgeschlossen. Beachtet man zudem die Empfehlungen und Positionspapiere der Medizinprodukteindustrie (z.B. BVMed), kann kaum mehr etwas schief gehen.
Dr. Tobias Weimer
M.A. Fachanwalt für Medizinrecht
Hingbergstr. 377
45472 Mülheim an der Ruhr
info@kanzlei-weimer.de
www.smart-compliance-consulting.de