Die Unzuverlässigkeit i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO zur Ausübung des Arztberufes nahm das VG Würzburg (Beschluss v. 11.09.2023 – W 7 S 23.1028) an und ordnete das Ruhen der Approbation aufgrund des Verdachts einer Straftat an, als ein Arzt die medizinische Behandlungssituation ausnutzte, um Bild- und Videoaufnahmen von (teilweise) unbekleideten Frauen herzustellen und Patientinnen ohne medizinische Indikation an schambehafteten Körperteilen zu berühren. Dies stellt einen massiven Vertrauensbruch dar. Von einem Arzt ist zu erwarten, dass er das Persönlichkeitsrecht und das sexuelle Selbstbestimmungsrecht seiner Angestellten und Patienten respektiert und diesbezüglich alles unterlässt, was strafrechtliche Relevanz hat. Ein entsprechende Regelung findet sich auch in den Berufsordnungen der Länder (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 MBO-Ä).
§ 174c StGB stellt den sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses unter eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten bis zu 5 Jahren. Bei Vorliegen einer Straftat nach § 174c StGB kann grundsätzlich von einer Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ausgegangen werden. Gerade bei körperlichen Untersuchungen, die einen engen Kontakt zum Patienten erfordern, wie das manuelle Untersuchen von Körperteilen, Muskeln oder Gelenken oder auch Untersuchungen mit dem Ultraschallgerät, ist besondere Empathie geboten. Aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patienten darf erwartet werden, dass dieser Patienten allein aus medizinischer Erforderlichkeit heraus untersucht, ohne dabei sexuelle Absichten zu verfolgen. Wenn ein Arzt mehrfach gegenüber Patientinnen und (weiblichen) Angestellten den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt bzw. sexuell übergriffig wird, so ist dies ein Umstand, der die Unwürdigkeit des Arztes begründet. Dabei steht nicht nur das Ruhen der Approbation, sondern auch der nachträgliche Widerruf der Approbation im Raum. Deshalb sollte auch jeder noch so böse Schein vermieden werden. Fotos von Patienten sind ausschließlich unter Dokumentation der medizinischen Indikation sowie im Vorfeld (schriftlich) eingeholter Genehmigung anzufertigen. Sollte aber der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs im Raume stehen, so ist spezialisierte Verteidigung zwingend. Behandlungssituationen könne auch von Patienten fehl gedeutet und falsch interpretiert werden, dies gilt besonders für körpernahe Fachbereiche wie Orthopädie und Gynäkologie. Dann gilt es, neben der gekonnten Strafverteidigung die berufsrechtlichen Möglichkeiten gegen die Ruhens-Anordnung auszuschöpfen.
Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A. Rechtsanwalt I Fachanwalt für Medizinrecht I Strafverteidiger, c/o DR.WEIMER – MEDIZINRECHT I STRAFRECHT, Hingbergstr. 377, 45472 Mülheim an der Ruhr; www.kanzlei-weimer.de; weimer@kanzlei-weimer.de
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Autor Dr. T. Weimer